Gabys Gruft in Stuttgart: Untote und Heavy Metal - Stuttgart-Ost - Stuttgarter Nachrichten

2021-11-22 14:56:39 By : Mr. Sancho Wang

Hier haben sich Udo Lindenberg und die Bee Gees verirrt. Heute finden in Gabys Gruft Konzerte der dunklen und lauten Art statt. Hinter dem Laden steht ein Gastronom, der jeden willkommen heißt – außer Satanisten.

Stuttgart - Um zu Gabys Gruft zu gelangen, muss man erst durch eine schwere Stahltür gehen, dann ein paar Schritte in Richtung Keller. Die Tür öffnet sich und Sie befinden sich in einer schwarz gestrichenen Fantasiewelt. Engel küssen Totenköpfe, Lametta schimmert blau über alten Holzbalken, an der Wand hängen Pentagramme mit Zollstöcken. Willkommen in der Gruft von Gaby Vernaleken, die ihr Alter nicht verrät und nur Gaby heißen möchte.

Sonst ist an diesem Mittwochabend kein Besucher in Gabys Gruft, wie so oft, wenn keine Konzerte stattfinden. "Wer geht hier nach Osten?" Fragt Gabi. Richtig, Gabys Gruft liegt etwas abseits, zwischen Ostendplatz und Gaskessel. Doch nicht nur Freunde der spanisch-portugiesischen Küche kennen die Haußmannstraße 235 (durch die Tasca, die sich direkt über Gabys Krypta befindet): Wo Gaby es sich seit 2010 gemütlich macht, war der Feature-Bereich zuvor jahrzehntelang ein legendäres Kabarett und Livemusik-Bar, in der sich Udo Lindenberg und angeblich die Bee Gees verirrt haben sollen.

Das ist eine lange Zeit her. Heute verirren sich hier an normalen Tagen oft gar keine Besucher, an Konzertabenden aber manchmal ziemlich viel. Auch Gothics? „Ja, ja, aber nicht so viele“, sagt Gaby. Sie lacht. „In einer Krypta gibt es hauptsächlich die Untoten, oder?“ Und schwärmt davon, dass „manchmal ein netter Punk mit Irokesenschnitt oder erfundenen Heavy Metals“ bei ihr vorbeigeschaut hat. Heavy Metal, also Heavy Metal, läuft neben Punk, Gothic und Rockmusik im Allgemeinen. Je nach Musikgenre ist das passende Publikum dabei. Jeder kommt wie er will. "Nur Satanisten, die haben hier nichts zu suchen", sagt Gaby. Und erzählt ihre Geschichte mit Live-Musik. Ende der neunziger Jahre hatte sie einen Laden namens „Zur Gruft“ in der Hauptstätter Straße, berichtet Gaby. Es lief aufgrund verschiedener offizieller Angelegenheiten nicht so, wie es sollte. Gaby arbeitete viele Jahre im Schlampazius, der Kneipe neben dem Bluesclub Laboratorium - der besten und leider einzigen verbliebenen Livemusik-Institution im Stuttgarter Osten.

2010 hörte sie von den damaligen Feuilletons, überredete den Tasca-Betreiber Joachim Hackh zu ihrem geplanten „Schwarzen Programm“ und dann ging es los. Die erste Band, die im Laden auftauchte, waren Stuttgart Punkers: Die verfallene Altlast heißt die Band, die laut Internetrecherche ein Zusammenschluss der Gruppen Drexschleuder und Bladenschwunken ist. In Stuttgart mag viel von Subkultur geredet werden, echte Subkultur spielt sich zum Beispiel in Gabys Gruft ab.

Aber so ist das mit der Subkultur und dem Stuttgarter Osten, die Massen strömen hier nicht. Meistens, berichtet Gaby, bringen die Bands im Wesentlichen ihr Publikum mit. Gibt es nicht eine Szene, in der sich Konzerttermine herumsprechen? Zumal relevante Institutionen wie der Z-Club, die Röhre und der Landespavillon Stuttgart 21 zum Opfer gefallen sind? "Ich weiß es nicht", sagt Gaby und sieht ein wenig traurig aus. Vielleicht, vermutet sie, ist die Szene aus der Stadt geflohen: "In den Dörfern um Stuttgart ist so viel mehr los als hier."

Niemand wird reich in Gabys Grab

Gaby macht in ihrer Gruft alles selbst, auch das Musikprogramm. Die Bewerbung einer Augsburger Band liegt derzeit auf dem Tresen. Der CD-Player schluckt die selbstgebrannte Disc erst nach wenigen Minuten. Gaby hört zu, liest den handschriftlich auf kariertem Papier geschriebenen Bewerbungstext vor, "Ich habe heute schon mit ihnen telefoniert".

Wiederhergestellt. Die Band kann sich ein Datum aussuchen und nichts bezahlen, um mit Gaby spielen zu dürfen. Dafür muss die Gruppe vom Schlagzeug bis zum Gesangssystem alles mitbringen. Gaby kassiert an diesem Abend den Getränkeverkauf, die Band kann ein bisschen Eintritt nehmen. "Sollte wenigstens das Spritgeld zurückkommen", sagt Gaby. Ja, so ist es in der Subkultur, vielleicht generell bei Kneipenkonzerten: Hier wird niemand reich, weder die Band noch Gaby.

Nach einem eher ruhigen September finden im Oktober Gabys Konzerte statt. Ihr persönliches Highlight ist der Auftritt von Inferia, einer finnischen Band, am Donnerstag, 9. Oktober. Lokale Unterstützung kommt von den Stuttgarter Bands Boiler und Abrasive; Letztere haben das Konzert organisiert und werden an diesem Abend ihren "Brutal Death Metal" präsentieren. Die Krypta sollte dort voll sein.

Wer normalerweise bei Gabys Gruft vorbeischauen möchte, sollte sich die auf der Website veröffentlichten Konzerttermine merken. Oder er kommt einfach vorbei: Außer sonntags ist die Krypta immer geöffnet, oder sie kann jederzeit ihre Pforten öffnen – „just on demand“, sagt Gaby. Ihre Handynummer steht auch auf der Website.